Dankesworte anlässlich der Verleihung des Karlheinz Böhm Preises

Verleihung des Karlheinz Böhm Preises der Stiftung Menschen für Menschen
München, 12. November 2016



Ich bin gerührt, lieber Herr Minister Müller, über Ihre viel zu freundlichen Worte. Vielen Dank hierfür. Herzlichen Dank auch der Jury des Karlheinz Böhm Preises für diese Ehre. Ich nehme den Karlheinz Böhm Preis mit Dankbarkeit und auch ein bisschen Wehmut entgegen. Wehmut deshalb, weil es ein bittersüßes Gefühl ist, mit einem Preis geehrt zu werden, der den Namen eines verstorbenen Freundes trägt. Ein Freund, den ich geschätzt und bewundert habe für seine Emotionalität, für seine Menschenliebe, für seinen heiligen Zorn über die Ungerechtigkeit, vor allem aber auch für seine große Treue zu den Menschen in Äthiopien. Karlheinz Böhm sollte uns Vorbild bleiben für eine Art der Entwicklungszusammenarbeit, die die Förderung der Selbstachtung der Menschen in ihren Mittelpunkt stellt. Ich freue mich darüber, dass Menschen für Menschen die Erinnerung an Karlheinz Böhm und seine Ideale mit diesem Preis wachhält. Lieber Karl, wenn Du uns von da oben zuschaust – wir vermissen dich, aber du sollst wissen, dass dein Werk hier in guten Händen ist. Und wir vergessen auch nicht, wie viel Almaz Böhm mit ihrem großen Sachverstand und ihrem unermüdlichen Engagement zu diesem Werk beigetragen hat. Für all das bin ich dankbar.

Menschen für Menschen hat 35 beeindruckende Jahre hinter sich, ist von der spontanen Herzensidee eines Filmstars zur exzellenten Hilfsorganisation gewachsen. Es war nicht immer einfach, gerade auch in den letzten Jahren nicht, wie wir alle wissen. Aber die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: bei den Spendern hier in Deutschland und auch bei den Partnern in Äthiopien genießt Menschen für Menschen weiterhin großes Vertrauen. Da hat auch der neue Vorstand gute Arbeit geleistet.

Treue und Vertrauen, das sind zwei Begriffe, die mir einfallen, wenn ich an Menschen für Menschen denke. Beides sind die wohl am meisten unterschätzten Ressourcen in unserer Gesellschaft, in unserer Politik, gerade auch in der internationalen. Wir leben in einer Welt, in der das kurzfristige Eigeninteresse oft mehr zählt als das langfristige Zueinanderstehen und Miteinanderarbeiten, in der Misstrauen reichlich vorhanden und Vertrauen rar ist. Wir wissen aber auch, dass die gigantischen Herausforderungen dieses Jahrhunderts nur gemeinsam lösbar sind. Das gilt vor allem auch in der Zusammenarbeit zwischen Europa und Afrika.

Unsere beiden Kontinente haben eine schwierige Geschichte miteinander. Und die gegenwärtigen politischen und wirtschaftlichen Beziehungen sind von krassen Asymmetrien geprägt, die wir nicht ignorieren dürfen. Aber eine Partnerschaft zum gemeinsam Nutzen kann trotz aller Asymmetrien funktionieren – wenn sie auf der Grundlage von Treue und Vertrauen wachsen kann. Treue, das hieße gegenüber Afrika: Wir sollten nicht ständig den neusten Medientrends hinterherrennen, die Afrika mal rauf und mal runter schreiben; wir sollten nicht nur dann mit den Afrikanern reden, wenn wir deren Ohr zur Durchsetzung unserer deutschen und europäischen Interessen brauchen, sondern wir sollten eine stetige, intensive Politik des Austauschs, des Zuhörens und des voneinander Lernens verfolgen. Auf dieser Basis entsteht Vertrauen, das auch in schwierigen Zeiten trägt. Vertrauen, ohne das die großen Versprechen einer Partnerschaft mit Afrika nur leere Worte blieben.

Dabei brauchen wir diese Partnerschaft mehr als je zuvor. Und ja, ich sage ganz bewusst: wir brauchen sie, wir Europäer. Denn die Schicksale unserer Kontinente sind mehr und mehr verwoben, ob uns das passt oder nicht. Afrikas Aufstieg bietet gerade uns in Europa die größten Chancen, sein Scheitern wäre gerade für Europa ein immenses Risiko.

Wenn ich mir deshalb anlässlich der Verleihung dieses Preises etwas wünschen dürfte, dann wäre es das: dass wir aufgerüttelt werden aus unserer Trägheit, dass wir uns mit business as usual nicht zufrieden geben. Die Afrikapolitik Europas braucht eine neue politische Entschlossenheit. Sie, Herr Minister Müller, stehen dafür. Darüber bin ich froh und dankbar. Wir müssen vor allem die Schaffung von Arbeitsplätzen und Perspektiven für die Jugend Afrikas zur echten europäischen Priorität machen.

Karlheinz Böhm und Menschen für Menschen können uns dafür Vorbild sein. Danke dafür – und von Herzen alles Gute für die weitere Arbeit.