Abschluss Bürgerrat Klima

Pressekonferenz
Berlin, Wissenschaftsforum am Gendarmenmarkt, 24. Juni 2021



Heute Nachmittag berät der Deutsche Bundestag in zweiter und dritter Lesung über die Verschärfung des Bundes-Klimaschutzgesetzes. Ich gehe davon aus, dass die Vorlage der Bundesregierung angenommen und damit festgelegt wird, dass Deutschland schon 2045 statt erst 2050 klimaneutral sein soll. Dieses Ziel ist absolut zu begrüßen, denn die Klimakrise liegt nicht in ferner Zukunft. Sie ist schon mitten im Gang, auch bei uns. Weitgehend offen ist aber noch, wie die Klimaneutralität bis dahin erreicht werden soll.
Da passt es gut, dass sich der Bürgerrat Klima schon intensiv mit diesem „wie“ auseinandergesetzt hat. Heute legt er mit enormer Übereinstimmung Empfehlungen an die Politik vor.
Acht Wochen lang haben durch Zufallsauswahl bestimmte Bürgerinnen und Bürger dafür ihre Zeit geopfert, über 50 Stunden insgesamt und manche noch mehr, abends und am Wochenende – Menschen aus allen Teilen Deutschlands, jüngere und ältere, mit ganz unterschiedlichen Lebenswegen, Vorstellungen, Berufen. Die allermeisten sind dabeigeblieben, trotz Corona-Lockerungen und schönem Wetter. Sie haben sich mit Hilfe von Wissenschaftlern in komplexe Zusammenhänge reingekniet. Sie haben diskutiert, gestritten und nicht zuletzt die Frage der sozialen Gerechtigkeit in allen Veränderungsprozessen aufgeworfen.
Am Ende haben die Bürgerrätinnen und Bürgerräte trotz aller Unterschiede gemeinsame Vorstellungen entwickelt. Sie zeigen: Vielleicht sind die Bürgerinnen und Bürger weiter, als Politik und Kommentatoren es bisweilen vermuten.
Der Bürgerrat Klima jedenfalls hat erkannt: Den Klimawandel zu bremsen ist eine Aufgabe, vor der sich niemand mehr wegducken kann. Und in ihren Leitsätzen beschreiben die Bürgerrätinnen und Bürgerräte diese Aufgabe als eine der ganzen Gesellschaft und jedes Einzelnen. Sie appellieren zugleich an die Politik, umzusetzen, was von der Politik selbst – mit dem 1,5-Grad-Klimaziel des Pariser Abkommens (2015) – bereits beschlossen wurde.
In den Ergebnissen des Bürgerrats sehe ich einen beispielhaften Beleg dafür, dass die liberale Demokratie gute Voraussetzungen hat, die Herkulesaufgabe des Klimaschutzes (wie auch der Bewahrung der Schöpfung insgesamt) mit Gewinn für alle zu meistern.
Ich sehe in dem großen Engagement der Bürgerrätinnen und Bürgerräte auch eine Sehnsucht – nach einer Art der politischen Auseinandersetzung, die nicht Ängste instrumentalisiert oder Lebensstile gegeneinander ausspielt, sondern wahrhaftig um die besten Lösungen für die Zukunftsfähigkeit des ganzen Landes ringt. Und genau das brauchen wir: Wettstreit um die besten Wege zum Klimaschutz; Wahrhaftigkeit bei den Kosten des Handelns und Nicht-Handelns.
Bundesregierung, Bundestag und Parteien sollten die Empfehlungen des Bürgerrats nicht nur entgegennehmen, sondern auch ernst nehmen. Der Entscheidungsprozess bleibt in Regierung und Parlament. Aber ich glaube, die Empfehlungen können dabei helfen, das als notwendig Erkannte auch durchzusetzen.
Für mich sendet der Bürgerrat Klima eine starke Botschaft: Unterschätzt Bürgerinnen und Bürger nicht – ihre Veränderungsbereitschaft und auch ihre Bereitschaft, mitzumachen bei der Suche nach Wegen aus der Klimakrise. Es gibt Lösungen, und um diese Lösungen gilt es jetzt zu ringen. Damit ist der Bürgerrat Klima zugleich ein Zeichen gegen Mutlosigkeit, Resignation und Zweifel an der Fähigkeit der Demokratie, solche Krisen zu überwinden.
Der Bürgerrat Klima verdient unser aller Dank und Anerkennung.